Thomas Szabo

Um den drängenden Besuchermassen einen adäquaten Ausgangspunkt für ihre Besichtigungen zum Schloss Sanssouci zu ermöglichen, musste an der Stelle des ehemaligen Schweizerhauses, welches direkt neben der Potsdamer Mühle zu liegen kam, ein Zentrum geplant werden, welches den vielfältigen Anforderungen gerecht werden kann. Oberste Prämisse ist es die Kubatur des ehemaligen Baukörpers nicht zu überschreiten und innerhalb der selben eine zeitgenössische Reinkarnation des Altbaus von statten gehen zu lassen. Das an dieser Stelle geplante Besucherzentrum muss dem Drang des internationalen Gruppentourismus stand halten. Das Thema des Gebäudes in seiner ursprünglichen Form erneut auf zu nehmen kam daher nicht in Frage. Der gemeine Ferienfreizeiten buchende Mensch, erfreut sich in den meisten Fällen an einer für uns unverständlich mühselig erscheinenden Busanfahrt in einer Gruppe von Leuten, die ihm bis dato zumeist fremd waren. Versuchen wir uns sein durch einen Erlebniszwang beengtes Weltbild vor Augen zu führen, werden wir erkennen, dass es für ihn nicht ausschließlich darum geht eine Rekonstruktion historischer Substanz vor zu finden. Nur selten versteht er besonders viel von Bau respektive Denkmalpflege und oder Kunsthistorie. Unter seinen Mitstreitern hat er sich unterbewusst zum Ziel gemacht erstaunlich viele Fotos zu schießen, um diese zu einem späteren Zeitpunkt seinen vor Neid gaffenden Nachbarn bei einem Kaffeestückchen, präsentieren zu können. Der Entwurf ist also der Versuch einem Besucher das zu bieten, wonach er sucht. Neben der beeindruckenden Kulisse eines Schlosses moderne Architektur entstehen zu lassen, scheint die beste Lösung. Dem Gast soll die Möglichkeit gegeben sein Erinnerungen vielseitiger Natur photographisch fest zu halten. Die Kubatur ist umgrenzendes Raster des Entwurfes, der versucht ein Gebäude aus geometrischen Einzelformen entstehen zu lassen. Im gleichen Moment soll sich aber nicht vollends von der Kulisse getrennt werden. Daher sind die Materialien, durch die die angrenzende Mühle geprägt ist, aufgenommen. Der schwere kalte Mühlstein ist übersetzt in die Sichtbeton Fassade des Erdgeschosses und die sich bewegenden Mühlenflügel finden sich in dem abgewinkeltem Kubus wieder, der das Dachgeschoss prägt und dadurch gleichzeitig eine Terrassenöffnung entstehen lässt. An dieser Stelle wird das Auge des Betrachters geführt. Man erhascht einen Blick auf das Schloss, dessen Besichtigung unmittelbar bevor steht und stimmt sich mit Hilfe eines Aperitifs vom hauseigenen Catering auf den Tagesausflug ein. Gleichzeitig bietet sich hier die erste Möglichkeit, für die Besucher die sich noch fremd sind, einander bei einer Zigarette näher kennen zu lernen. Nichts verbindet mehr und ermöglicht eine gelöste Konversation so sehr wie der kollektive Alkoholkonsum in Verbindung mit dem blauen Dunst. Sobald sich die Gäste eingestimmt haben werden sie gebeten zur Besprechung der Abläufe in einer der Seminarräume zusammen zu kommen. Man wird sich setzen und unter Umständen schon kleine Häppchen zu sich nehmen, während die nächste Reisegruppe gerade im Erdgeschoss ein trudelt. Der fließende Übergang und eine zeitnahe Abfertigung werden ermöglicht indem Übergänge geschaffen werden. Ein roter Faden zieht sich durch den Bau. Hinter der Information wird man sich gemütlich seiner Jacke und des Gepäcks entledigen und sie in den zur Verfügung gestellten Schließfächern verstauen. Wenige Schritte später gelangt man in einen Loungebereich, indem man sich kurze Minuten auf den Reiseleiter wartend die Zeit damit versüßen kann, erhaltenes Informationsmaterial durch zu blättern, oder unter einer Reihe von Kurzdokumentationen auf einer der eigens installierten multimedialen und mehrsprachig einstellbaren Touchscreens an zu sehen. Sollte der kurzweiligen Stimmung nicht zu genüge entgegen gekommen sein, kann man sich der Catering und Barsituation zuwenden und sich eine Kleinigkeit genehmigen. Das wiederum wird dazu führen, dass man als Clique erwachsener Menschen beschließt eine kleine Zigarettenunterbrechung ein zu legen, die Treppen hinaufsteigt und sich auf der überdachten Terrasse wiederfindet, auf der noch fünf Minuten zuvor die Reisegruppe das selbe tat, die sich jetzt bereits in einem der Seminarräume befindet. Jede der Touristengruppen wird das Gefühl vermittelt in dieser Konstellation einmalig zu sein, alle Freiheiten auskosten zu können und von keinem Reiseleiter geführt werden zu müssen. Insgeheim sehen sie sich hier aber vor einem berechnenden Kalkül der durchdacht funktionierenden Massenabfertigung von Touristengruppen. Ausgelegt auf die Lust der meisten Besucher auf einen gesteigerten Unterhaltungswert und dem Drang nach stetigem Konsum.

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